Schaut man sich die Oxidationszahlen in einem Periodensystem an, so fällt einem meist auf, dass ein Zusammenhang zwischen diesen und der Elektronenkonfiguration besteht.
Hier als Beispiel die stabilsten Oxidationsstufen der zweiten Periode:
Lithium (\(+I\)) / Beryllium (\(+II\)) / Aluminium (\(+III\)) / Kohlenstoff (\(+IV\) & \(-IV\)) / Stickstoff (\(-III\)) / Sauerstoff (\(-II\)) / Fluor (\(-I\))
Diese Oxidationsstufen werden dadurch erklärt, dass ein Element laut der Oktettregel immer eine vollbesetzte Außenschale bevorzugt. Lithium muss dafür ein Elektron abgeben und ist damit zu einem \(Li^+\) geworden. Gleiches gilt für Beryllium und Aluminium.
Kohlenstoff liegt genau auf der Grenze. Eine vollbesetzte Schale enthielte 8 Elektronen, für das Kohlenstoffatom ist es demnach gleich günstig vier weitere Elektronen aufzunehmen oder die vier vorhandenen abzugeben. Daraus folgen die Oxidationsstufen \(-IV\) und \(+IV\). Für Stickstoff, Sauerstoff und Fluor ist es günstiger Elektronen aufzunehmen, ihre Oxidationsstufen sind demnach allesamt negativ.
Wenn ihr gerade in euer Periodensystem geschaut habt, werdet ihr gemerkt haben, dass es reichlich Ausnahmen zu dieser Faustregel gibt. Diese werde ich in diesem Beitrag jedoch nicht bestprechen. Ich will mich in diesem Beitrag vielmehr an die oft vergessenen Lanthanoide oder Seltenerdmetalle wenden, die – entgegen ihrer Bezeichnung – gar nicht so selten sind.
Ein kurzer Blick ins Periodensystem reicht um zu sehen, dass alle 14 Lanthanoide die gleiche stabilste Oxidationsstufe (\(+III\)) haben. Da dies keinem erkennbaren Trend des restlichen Periodensystems folgt, will ich hierauf näher eingehen.
Die Elektronenkonfiguration der f-Block Elemente
Die Seltenerdmetalle werden auch f-Block Elemente genannt. Das heißt, dass dies die Elemente sind, die f-Orbitale enthalten. Diese sind, wie wir gleich sehen werden, auch der Grund für die ungewöhnlichen Oxidationsstufen der Lanthanoide.
Nach der Regel von Klechkowski werden die Orbitale wie folgt mit Elektronen aufgefüllt:
© Principles of General Chemistry – http://2012books.lardbucket.org/books/principles-of-general-chemistry-v1.0/
Daraus resultiert folgendes Energiediagramm, in welches wir die Elektronen im Weiteren Verlauf dieses Artikels eintragen werden.
Wenden wir uns jedoch zuerst den gegebenen Elektronenkonfigurationen zu. Mit Informationen aus dem Periodensystem oder chemischer Literatur lässt sich folgende Tabelle zusammenstellen:
Ordnungszahl | Name | Elektronenkonfiguration |
---|---|---|
57 | Lanthan | \([\ce{Xe}] 5d^1 6s^2\) |
58 | Cer | \([\ce{Xe}] 4f^2 6s^2\) |
59 | Praseodym | \([\ce{Xe}] 4f^3 6s^2\) |
60 | Neodym | \([\ce{Xe}] 4f^4 6s^2\) |
61 | Promethium | \([\ce{Xe}] 4f^5 6s^2\) |
62 | Samarium | \([\ce{Xe}] 4f^6 6s^2\) |
63 | Europium | \([\ce{Xe}] 4f^7 6s^2\) |
64 | Gadolinium | \([\ce{Xe}] 4f^7 5d^1 6s^2\) |
65 | Terbium | \([\ce{Xe}] 4f^9 6s^2\) |
66 | Dysprosium | \([\ce{Xe}] 4f^{10} 6s^2\) |
67 | Holmium | \([\ce{Xe}] 4f^{11} 6s^2\) |
68 | Erbium | \([\ce{Xe}] 4f^{12} 6s^2\) |
69 | Thulium | \([\ce{Xe}] 4f^{13} 6s^2\) |
70 | Ytterbium | \([\ce{Xe}] 4f^{14} 6s^2\) |
71 | Lutetium | \([\ce{Xe}] 4f^{14} 5d^1 6s^2\) |
Besetzt man obiges Energieniveaudiagramm nun mit den verfügbaren Elektronen in der gegebenen Konfiguration, sieht man, dass beim Lanthan das letzte Elektron nicht in der \(4f\)– sondern in der \(5d\)-Schale sitzt obwohl das – gemäß Klechkowski – energetisch ungünstiger ist. Der Grund für die Abweichung der Klechkowski-Regel ist der, dass das Energieniveau eines Orbitals nicht allein von seinen Knotenpunkten abhängt, sondern ebenfalls von der Ladung und der Abstoßung von inneren Elektronen. Diese Effekte führen dazu, dass das Energieniveau von Orbitalen nicht statisch ist – es sich also verändern kann. Beim Lanthan ist das \(5d\)-Orbital energetisch günstiger als das \(4f\)-Orbital. Bei Cer ist dies nicht mehr der Fall. Die verschiedene Elektronenkonfiguration und die damit veränderte Abstoßungseffekte unter den Elektronen reichen aus, um das \(4f\)-Orbital energetisch günstiger zu machen.
Bis zu Gadolinium bleibt dies auch der Fall. Dieses Element bildet allerdings ein weiteres Mal eine Ausnahme der Klechkowski Regel. Anstatt das von Europium auf Gadolinium hinzugekommene Elektron in die \(4f\)-Schale zu setzen, um eine \(4f^8\)-Konfiguration zu erhalten, kommt das Elektron in die \(5d\)-Schale. Hier ist der Grund allerdings ein anderer. Die \(4f\)-Schale ist halbbesetzt und damit energetisch stabil. Es ist damit günstiger das zusätzliche Elektron auf ein „höheres“ Orbital zu setzen als die Halbbesetzung aufzugeben. Bei Terbium liegen allerdings beide Elektronen in der \(4f\)-Schale. Es kostet zu viel Energie zwei Elektronen in der energetisch ungünstigen Schale zu haben, somit wird die Halbbesetzung aufgegeben.
Die Oxidationsstufe der f-Block Elemente
Dass die häufigste Oxidationsstufe die Stufe \(+3\) ist, liegt an den Ionisierungsenergien.
Wie an obiger Grafik zu sehen, liegen die ersten drei Ionisierungsenergien recht nah aneinander. Die vierte kommt erst weit danach.
Auch hier sieht man, dass es Zusammenhänge mit den bereits besprochenen Elektronenkonfigurationen gibt. Vor allem bei der dritten Ionisierungsenergie ist der Effekt der unregelmäßigen Auffüllung der Orbitale sichtbar.